Bei einem Hintergrundgespräch im Steirichen Presseclub informierten Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher mit Vizepräsidentin Maria Pein und Kammeramtsdirektor Werner Brugner über die aktuellen Agrarthemen und präsentierten ihre Vorderungen.
Spannungsfeld Pflanzenschutz und Tierwohl.
Bezogen auf die Themen Pflanzenschutz und Tierwohl setzt Präsident Franz Titschenbacher auf den Dialog mit der Gesellschaft. Titschenbacher: „Tierschutz und Tierwohl sowie der umweltverträgliche Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sind mir ein großes Anliegen. Für eine Landwirtschaft, die auf dem Markt bestehen muss, kann es in diesen Fragen aber kein einseitiges, emotionales Diktat von außen geben. Sachlichkeit und Fakten müssen hier zählen“, stellt der Kammerpräsident klar.
Stallbau: Kurze Bauverfahren.
Keine Chlorhendl aus Übersee. Zu den oft zermürbenden, jahrelang dauernden Bauverfahren bei Ställen verlangt Titschenbacher: „Die Bauverfahren müssen zügig erfolgen, sie dürfen nicht länger als ein Jahr dauern.“ Bei Geflügel liegt der Selbstversorgungsgrad nur mehr bei 83 Prozent. Titschenbacher: „Wenn den heimischen Bauern die Tierhaltung stets erschwert wird, müssen wir damit rechnen, dass Chlorhendel und Hormonfleisch auf unsere Teller kommen.“
Initiative „Bienen brauchen Profis“.
„Der Bienenschutz sowie eine hohe Sensibilität für die Bienen in der Bauernschaft und bei den Imkern selbst sind mir sehr wichtig“, betont Titschenbacher. Deshalb startet die Landwirtschaftskammer gemeinsam mit der Imkerschule das Projekt „Bienen brauchen Profis“. Dabei wird in der agrarischen Meisterausbildung das Thema „Bienen und Imkerei“ integriert und die Imkerausbildung weiter vertieft. Auch die Landwirtschaftsschulen sind eingeladen.
Herzensanliegen erneuerbare Energie. Mehr Wärme aus Biomasse.
Die Landwirtschaft ist vom Klimawandel hauptbetroffen, leistet aber gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Problemlösung. „Ein Herzensanliegen sind mir die erneuerbaren Energien. Vor allem bei der Wärme aus Biomasse und agrarischen Reststoffen, wie beispielsweise Maisspindeln, sehe ich weitere Wachstumsmöglichkeiten“, unterstreicht Titschenbacher und betont: „Ein neuer Weg ist, dass schon bald regionale Heizwerke zusätzlich dezentral neben der Wärme auch Strom erzeugen.“
Holz-Verwendung verdoppeln und moderne Holzarchitektur.
„Die Pro-Kopf-Verwendung des nachwachsenden Rohstoffes Holz soll in den nächsten Jahren von 0,6 auf 1,2 Kubikmeter gesteigert werden. Die Forstwirtschaft könnte den Holzeinschlag um eine Million Festmeter auf sechs Millionen erhöhen. Somit könnten allein in der Erntekette Holz 450 bis 500 neue Arbeitsplätze geschaffen werden“, steckt Titschenbacher ein klares Ziel.
Vizepräsidentin Maria Pein: Megatrend Regionalität eröffnet neue Chancen.
„Die heimischen Bäuerinnen und Bauern brauchen Wertschätzung und Wertschöpfung. Der Megatrend zu regionalen Lebensmitteln hilft den Bäuerinnen und Bauern und eröffnet neue Chancen. Ich bin überzeugt, dass der eingeschlagene Weg der Regionalität und die Herstellung von Qualitätslebensmitteln immens wichtig sind, damit die nachhaltig wirtschaftenden Familienbetriebe ihre Höfe weiterführen können“, betont Vizepräsidentin Maria Pein. Einen besonderen Wert legt die neue Vizepräsidentin in diesem Zusammenhang auf eine klare Herkunftskennzeichnung der Lebensmittel.
Vizepräsidentin Maria Pein: Höchsten Respekt bei Pflege auf dem Bauernhof.
Für die soziale Absicherung der Bäuerinnen und Bauern setzt sich Vizepräsidentin Maria Pein ferner ein. „Zu 80 Prozent erfolgt die Pflege der älteren Generation direkt auf den Höfen. Damit übernehmen die Bauernhöfe und insbesondere die Bäuerinnen eine große soziale Verantwortung in der Gesellschaft und entlasten dadurch die knappen Pflegeplätze. Ich habe hohen Respekt vor dieser großen Leistung“, betont Pein. Die Vizepräsidentin strebt für Bäuerinnen – immerhin führen bereits 40 Prozent hauptverantwortlich die Bauernhöfe – Veranstaltungen mit Frauen in der Wirtschaft an, um gemeinsamen Anliegen eine stärkere Stimme zu geben. An die heimischen Bäuerinnen appelliert Pein, sich verstärkt in der Politik sowie in der Agrarpolitik und bei agrarischen Einrichtungen zu engagieren.
Kammerdirektor Werner Brugner: Erstmals Beratungskatalog.
„Neben der interessens-politischen Arbeit ist die Beratung und Bildung der Bäuerinnen und Bauern ein zentraler Schwerpunkt der Landwirtschaftskammer. „Bildung und Beratung gewinnen angesichts der ständig steigenden Anforderungen an die Bäuerinnen und Bauern immer mehr an Bedeutung“, betont Kammerdirektor Werner Brugner. Erstmals bietet die Landwirtschaftskammer mit dem neuen Beratungskatalog 140 Beratungsprodukte für die Bäuerinnen und Bauern übersichtlich dargestellt an. Gleichzeitig ist die Landwirtschaftskammer intensiv dabei die Beratung nach ISO 9002 zu zertifizieren.
Brugner: Kammer wird 198.000 Mal für betriebliche Entscheidungen zu Rate gezogen.
Jeder Betrieb beanspruchte im Jahr 2012 im Durchschnitt fünfmal jährlich den Beratungsdienst der Landwirtschaftskammer. Pro Jahr wurde die Landwirtschaftskammer für betriebliche Entscheidungen von den steirischen Bäuerinnen und Bauern rund 198.000 Mal (174.324 Stunden) zu Rate gezogen. Dazu zählen auch umfassende Betriebsberatungen wie beispielsweise Hof-, Gruppen-, oder Einzelberatungen. Im Sinne der nachhaltigen und hochwertigen Lebensmittelproduktion dominieren die Beratungsleistungen für die Bereiche Tier- und Pflanzenproduktion, Forstwirtschaft, Obst- und Weinbau, Umwelt, Biolandbau, Erneuerbare Energie, Betriebswirtschaft, Erwerbskombinationen, Bauen, Recht, Steuer, Soziales und Ernährung.