Bauernbund-Direktor Süß: Sich an den Molkereien abzuputzen, ist zu wenig!
Die eingefrorenen Preisverhandlungen zwischen SPAR und der NÖM AG sowie der folgende Lieferstopp der niederösterreichischen Milchproduzenten prägten das mediale Geschehen der vergangenen Tage. Der Handelsriese SPAR, der prozentuell den größten Marktanteil im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel hält, weigerte sich als einziger LEH, den Forderungen der NÖM nachzukommen.
Eine Anpassung der Preise sei allerdings aufgrund gestiegener Inputkosten notwendig, hält Bauernbund-Direktor Ing. Mag. David Süß fest: „Unsere Milchbäuerinnen und Milchbauern müssen von ihrer Arbeit und vom Rohstoff, den sie produzieren, leben können. Wir unterstützen die NÖM vollumfänglich. Es kann nicht sein, dass eine immer größere Konzentration im LEH und eine damit einhergehende Marktmacht dafür sorgt, dass die Bauern auf der Strecke bleiben. Alle anderen Lebensmittelhändler haben eine Preisanpassung akzeptiert, nur SPAR weigert sich beharrlich. Wir stehen an der Seite der Milchbäuerinnen und Milchbauern, die ein angemessenes Einkommen brauchen – mehr verlangen wir nicht.“
Offener Brief des Bauernbundes an SPAR
Zahlreiche Milchbäuerinnen und Milchbauern nutzten in den vergangenen Tagen die Gelegenheit, sich mit ihren Sorgen und Anliegen direkt an SPAR zu wenden. Nun reagierte der Konzern mit einem Brief an die Milchbauern. Diese Reaktion löst bei Süß Kopfschütteln aus: „SPAR versucht abermals, sich an den österreichischen Molkereien und an deren Lieferanten abzuputzen. Das ist zu wenig. Molkereien können den Bäuerinnen und Bauern lediglich das ausbezahlen, was sie am Markt mit ihren Produkten verdienen. Die Leistung unserer Bauernfamilien, die nebenbei durch die Bewirtschaftung des Grünlandes auch für Biodiversität und eine wertvolle Kulturlandschaft sorgen, müssen entsprechend honoriert werden.“
Der Bauernbund fordert marktseitige Anpassungen, um die gestiegenen Inputkosten auf den landwirtschaftlichen Betrieben abzugelten: „In den letzten Jahren sind die Kosten für Energie, Betriebs- oder Futtermittel drastisch gestiegen. Während andere Berufsgruppen eine jährliche Einkommenserhöhung bekommen, glich die Entwicklung bäuerlicher Einkommen einer Achterbahnfahrt, letztlich stagnieren diese. Nur mit fairen Preisen ist es möglich, weiterhin hochwertige Milch und daraus hergestellte Milchprodukte in Österreich erzeugen zu können.“
Höhere Produktionsstandards brauchen eine Abgeltung
Süß verweist auch darauf, dass die österreichischen Milchbäuerinnen und Milchbauern besonders hohe Produktionsstandards erfüllen müssen: „Der Handel fordert von uns eine stetige Weiterentwicklung in Richtung Tierwohl. Wir sind bereit, diese Schritte zu gehen, brauchen allerdings auch ein Bekenntnis des Handels zu angemessenen Einkommen auf den landwirtschaftlichen Familienbetrieben in Österreich. Regionalität hat ihren Preis, den sie uns allen auch wert sein muss.“
Handel muss seine Hausaufgaben erledigen
In seinem Brief verweist SPAR darauf, dass man versuche, die Wertschöpfung in Österreich zu steigern. Dem fühlt Süß auf den Zahn: „Markenprodukte heimischer Molkereien werden geschätzt, weil Qualität aus Österreich dem Konsumenten wichtig ist. Gleichzeitig nimmt allerdings der Anteil an Eigenmarkenprodukten stetig zu und liegt bereits bei über 50 Prozent des gesamten Sortiments im LEH. Eigenmarkenprodukte haben jedoch einen gravierenden Nachteil: Unter dem Deckmantel der Anonymität sind die Lieferanten des Rohstoffs – etwa Milch – rasch austauschbar, was in der Vergangenheit etwa dazu führte, dass Eigenmarkenbutter mit Milch aus dem Ausland produziert wurde. Und das, obwohl wir in Österreich mehr Milch produzieren, als wir verbrauchen.“
Bauernbund unterstützt Beschwerde bei der Bundeswettbewerbsbehörde
Der Niederösterreichische Bauernbund hat daher bei der Bundeswettbewerbsbehörde eine Beschwerde eingebracht, um zu prüfen, ob die Marktstellung von SPAR gegenüber den heimischen Molkereien und milchliefernden Betrieben missbraucht wurde. Süß stellt sich hinter diese Initiative: „Die Macht der großen Handelsketten ist in Österreich allgegenwärtig. Die vier größten LEH teilen sich mehr als 90 Prozent des gesamten Marktes. Mit mehr als 35 Prozent Marktanteil ist SPAR der größte Handelsriese. Diese Macht bedeutet aber auch eine Verantwortung gegenüber den heimischen Produzenten. Wir unterstützen diese Beschwerde und hoffen auf eine rasche Prüfung durch die BWB, um Klarheit zu schaffen.“