Versorgung bis Ostern gesichert. Mit gemischten Gefühlen blicken die heimischen Hennenhalter aber der Zeit danach entgegen. Für eine sichere Versorgung setzen sie auf Unabhängigkeit vom Ausland, insbesondere bei Strom sowie Soja. Und sie sagen der Fossilenergie ade. Steirische Betriebe sind dabei Schrittmacher. Wir stellen zwei Best-Practice-Beispiele vor.
Kostenexplosion: Eierbranche blickt der Zeit nach Ostern mit gemischten Gefühlen entgegen. Plus 52,1 Prozent bei Futter, plus 39 Prozent bei Energie, plus 22,2 Prozent bei Verpackungen. Und das in den vergangenen vier Monaten seit Dezember 2021. „Für die heimischen Legehennenhalter ist die wirtschaftliche Situation nicht das Gelbe vom Ei – die dramatische Kostenexplosion bei den Betriebsmitteln ist nicht mehr tragbar. Für das bevorstehende Osterfest ist die Eierversorgung zwar gesichert – das ist die positive Nachricht. Doch der Zeit danach blickt die steirische Eierbranche mit gemischten Gefühlen entgegen“, sagt Landwirtschaftskammer-Vizepräsidentin Maria Pein.
Aufwandsgerechte Eierpreise für die Bauern. Pein fordert mit Nachdruck die Handelspartner und alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten auf, den Bauern aufwandsgerechte Eierpreise zu zahlen. „Ein neuerliches Zögern könnte nämlich dazu führen, dass nach Ostern aufgrund des massiven Kostendrucks vermehrt die Ställe leer bleiben und die Versorgung leider ungewiss wird“, sagt die Vizepräsidentin und verweist darauf, dass auch in anderen EU-Ländern die wirtschaftliche Situation der Legehennenhalter ähnlich angespannt ist. Die Legehennenhalter bleiben nach wie vor auf einem erheblichen Teil der Mehrkosten sitzen.
Neue Wege für eine sichere Eierversorgung: Zur Gänze unabhängig bei Strom und Soja. Und raus aus der Fossilenergie. Eine verlässliche regionale Lebensmittelversorgung ist auch als wichtiger Teil der Sicherheitspolitik eines Staates zu sehen. „Die heimischen Eierbauern wollen noch besser werden und den hohen Selbstversorgungsgrad von 90 Prozent weiter ausbauen. Dazu richten viele jetzt schon ihre Betriebe neu aus. Sie wollen gänzlich unabhängig vom Ausland werden, allen voran bei Strom, fossiler Energie und Soja-Importen“, sagt Bernhard Monschein, Obmann der Legehennen-Halter in der Steiermark.
Best-Practice-Beispiel 1: Völlig unabhängig von Soja-Importen. Mit großen Schritten gehen die heimischen Legehennen-Halter der völligen Unabhängigkeit von Soja-Importen entgegen. Taktgeber dafür ist Obmann Bernhard Monschein. Weil Soja als Futter ausschließlich getoastet von Legehennen verdaut werden kann, hat er 2016 in eine entsprechende Aufbereitungsanlage investiert. Mittlerweile bezieht er von 100 Sojabohnen-Bauern im Umkreis von 50 Kilometern rund 5.000 Tonnen Soja. Den zu Legehennen-Futter mit Sonnenstrom aufbereiteten Sojaschrot kaufen dann vorwiegend die lokalen Legehennen-Halter auf. Die vielen Vorteile: Soja kommt aus regionaler Kreislaufwirtschaft mit Fruchtfolge und wird als Futter mit Sonnenstrom vom Dach frisch aufbereitet, die Lieferung erfolgt verlässlich und ist importunabhängig. „Schon heuer können durch den ausgeweiteten Sojaanbau die österreichischen Legehennenhalter gänzlich mit heimischem, gentechnikfreiem Soja versorgt werden. Das ist lediglich etwas mehr als ein Fünftel der gesamten österreichweiten Sojaproduktion“, rechnet Monschein vor. Rein rechnerisch können mit dem steirischen Sojaanbau die Legehennen in der grünen Mark versorgt werden. Schon bisher decken die steirischen Legehennenhalter ihren Sojaverbrauch etwa zu 40 Prozent aus regionalem Anbau, 60 Prozent kommen aus dem Donauraum. Getreide als Futter kommt ohnehin weitgehend aus Kreislaufwirtschaft vom eigenen Hof.
Best-Practice-Beispiel 2: Sonnenstrom vom Dach und künftig auch von der Hühnerweide. Schrittmacher dafür ist Legehennenhalter und Direktvermarkter Hans-Peter Schlegl aus Haselsdorf/Tobelbad. Für Lüftung, Licht, Futterzubereitung, Einfüttern, für die Eiersortieranlage, die Nudelproduktion sowie die EDV-gestützte Steuerung dieser Anlagen kommt der Strom bereits zu zwei Drittel von der derzeit 75 Quadratmeter großen Photovoltaik-Anlage, die am Dach angebracht ist. Doch Hans-Peter Schlegl will noch besser werden: „Bis Ende 2023 wird unsere 550 Quadratmeter große Dachfläche Sonnenstrom liefern und zusätzlich werden wir unsere fast zwei Hektar große Hühnerweide doppelt nutzen – als Hühnerweide, die mit Photovoltaik-Modulen bestückt ist und den Hühnern natürlichen Schutz und Schatten für noch mehr Tierwohl bietet sowie Strom liefert.“ So wird sein landwirtschaftlicher Betrieb gänzlich mit Sonnenstrom versorgt. Außerdem stellt er dann allen über 600 Haushalten von Haselsdorf/Tobelbad Sonnenstrom zur Verfügung. Gemeinsam mit der Bevölkerung und der Gemeinde wird derzeit daran gearbeitet.
Raus aus der Fossilenergie. „Wir kehren auch der Fossilenergie den Rücken. Unsere Geflügelbetriebe setzen seit heuer nur mehr auf alternative Energieversorgungsanlagen wie Pellets- und Hackgutanlagen sowie Photovoltaikanlagen mit und ohne Stromspeicher“, unterstreicht der Obmann die Vorreiterrolle der Geflügelbranche. „Mit der Sonnenstromerzeugung auf einen Teil der rund 1.227 Hektar (Ö: 3.597 Hektar) steirischen Hühnerweiden kann durch Doppelnutzung der gesamte benötigte Strom von 119.365 Megawattstunden für die Legehennenhaltung selbst erzeugt werden“, unterstreicht auch Vizepräsidentin Maria Pein.
Geflügelhalter schon immer eine Nasenlänge voraus. Die weitblickende Qualitätsstrategie der heimischen Geflügelhalter kommt vor allem den Konsumentinnen und Konsumenten entgegen. Die heimischen Legehennenhalter garantieren für europaweit einzigartige Tierwohlstandards und mehr Platz im Auslauf. Die Eier kommen ausschließlich aus Boden-, Freiland- und Biohaltung, die Hennen werden EU-weit einzigartig mit gentechnikfreiem Soja gefüttert, die Eier sind über die Eierdatenbank transparent bis zum Hof zurückzuverfolgen und die Tiere werden regelmäßig einem Gesundheitscheck unterzogen. „Ein kleiner Beitrag für jeden einzelnen ist eine wertvolle Investition in die Versorgungssicherheit“, appelliert Vizepräsidentin Maria Pein an Konsumenten, Handel, Eierpackstellen und Verarbeitungsindustrie im gemeinsamen Schulterschluss den Bauern die gestiegenen Kosten auch abzugelten. Fünf Cent pro Ei mehr bedeuten 50 Cent pro Zehnerpackung oder 15 Euro pro Jahr mehr.
Foto: LK/Danner