Mercosur – die Abkürzung von Mercado Común del Sur bzw. „Gemeinsamer Markt des Südens“ als Bezeichnung für ein transatlantisches Handelsabkommen hat seinen Beginn im Jahr 1991. Im Jahr 1995 resultierten die ersten Abkommen mit den vier in Mercosur zusammengefassten Ländern Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Venezuela ist seit 2012/2013 Mitglied des Mercosur, wurde aber Anfang Dezember 2016 wieder ausgeschlossen, weil das Land viele der Bündnisregelungen über Freihandel und Menschenrechte noch nicht angenommen hat. Seit 1999 laufen Verhandlungen über ein Assoziationsabkommen, die 2004 eingestellt wurden. Streitpunkt waren einst, so wie heute, die Agrarprodukte. Im Jahr 2010 wurden die Gespräche wieder aufgenommen und seit 2016 liegen überabeitete Angebote über Mengen und Warenbereiche auf dem Tisch.
Der sensible Agrarbereich, vor allem in Hinblick auf Rindfleisch, Geflügelfleisch, Ethanol und Zucker, erfordert intensiven Verhandlungsbedarf. Hauptproblem sind dabei die von Mercosur geforderten hohen Importquoten in den EU-Markt, die eine schrittweise Erhöhung im Zeitraum von sechs Jahren vorsehen und als Gegenleistung für eine Öffnung des südamerikanischen Marktes auch in anderen Bereichen gesehen werden können. Allein Brasilien ist der größte Fleischexporteur der Welt.
Bei Rindfleisch liegt laut Medienberichten derzeit das angebotene zollermäßigte und bereits aufgestockte Import-Kontingent bei 99.000 Tonnen. Bei Ethanol sind es 600.000 Tonnen, bei Zucker 100.000 Tonnen. Die südamerikanischen Länder sind u.a. bei der Produktion von Ethanol und Zucker sehr flexibel und können Preisschwankungen rascher ausgleichen, u.a. auch durch die massive Subventionierung dieser Sparten. Hinzu kommen Mercosur-Exporte von Milchprodukten, wie Käse, Butter und Vollmilchpulver. Über 75 Prozent der europäischen Rindfleisch-Importe stammen bereits aus Mercosur-Ländern. In puncto Rindfleisch wird die EU auch durch den Brexit vor neue Herausforderungen gestellt werden. Irland liefert ca. 250.000 Tonnen Rindfleisch jährlich nach Großbritannien. Je nach Verhandlungsergebnis mit dem Vereinigten Königreich wird sich dieser Export verlagern und für den EU-Restmarkt eine neue Situation ergeben. Mercosur ist im Gegensatz zur EU kein Binnenmarkt. Daher muss sichergestellt werden können, dass die EU dadurch nicht benachteiligt wird.
Für den Bauernbund ist es essenziell, dass die hohen Produktstandards der EU-Landwirtschaft auch bei Mercosur-Importen gewahrt bleiben. Auch im Sinne der Konsumenten darf es keine Mängel bei Umweltstandards, bei der Hygiene oder beim Einsatz von in der EU nicht zugelassenen Tierarznei- und Pflanzenschutzmitteln oder gar Hormonen geben. Dasselbe gilt für die Tierschutz-Standards. Wir wollen sicherstellen, dass unsere hohen europäischen Standards im Abkommen verankert sind.
Für die jetzigen Mercosur-Vorschläge braucht es Nachschärfungen über die Kontingente bei den sensiblen Agrarprodukten. Wir fordern kleinere Kontingente, die die kleinbäuerliche Produktion in der EU nicht gefährden. Insbesondere für Rindfleisch, Geflügelfleisch, Getreide, Zucker und Ethanol fordern wir strenge Einfuhrbeschränkungen und Quotenverwaltung, um Marktstörungen auszuschließen. Es dürfen keine Wettbewerbsnachteile für die österreichische Landwirtschaft entstehen und die Produkte aus Lateinamerika müssen eindeutig gekennzeichnet sein. Standards müssen vertraglich konkret definiert werden und die europäische Qualität nicht untergraben.
Freihandelskommen bedürfen immer fairer, im Detail ausverhandelter Regeln, die alle Branchen, d.h. auch die Landwirtschaft, gleichwertig miteinbeziehen. Auf dieser Basis bieten sie für die im Ausland hoch geschätzte österreichische Qualität große Chancen. Das Freihandelsabkommen mit Japan (JEFTA) liefert hier ein Erfolgsbeispiel und eröffnet neue Absatzmärkte für österreichische Lebensmittel. Als besonderen Erfolg dabei zu werten ist auch der Schutz von über 200 geografischen Angaben in Japan. Darunter sind österreichische Produkte wie Steirischer Kren, Steirisches Kürbiskernöl oder Tiroler Speck. Im Japan-Abkommen ist zudem erstmals ein spezielles Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzübereinkommen enthalten. Für Österreich bedeutsam ist dies im Hinblick auf die Lieferung von Holzerzeugnissen und Umwelttechnologien.
Aktuell verhandelt die EU rund 30 Handelsabkommen im Auftrag der Mitgliedsstaaten. Bei Mercosur will die Europäische Kommission noch 2018 zu einer Einigung kommen. Der Widerstand auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Ländern hat aber bereits zu einer Verzögerung einer Einigung geführt. Wirklich spruchreife Ergebnisse stehen daher noch aus, da wesentliche Kapitel nicht fertig ausverhandelt sind, wie etwa Schutzklauseln. Hinzu kommen Wahlen in Brasilien und Paraguay in diesem Jahr. Die österreichische Bundesregierung samt Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus berät sich derzeit umfassend über das Abkommen. Auch die LK Österreich bringt sich ständig über die COPA in die Diskussion ein.
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